Donnerstag, 2. November 2006

Die Fellmöhre

Es ist nun, denke ich, an der Zeit, etwas mehr vom alten Herrn zu erzählen. Zunächst sei erwähnt, dass er mit seinen 12 Jahren wirklich schon sehr alt ist - für einen so großen Hund, wie es ein Dobermann-Schäferhund-Fledermaus-Mix unweigerlich ist. Von der Fledermaus hat er nämlich nur die Ohren.
Der Mullinger versteht es perfekt, die Würde des Alters, kindlichen Schabernack und eine gehörige Portion Tollpatschigkeit zu vereinen. Er bringt es fertig, beim Trinken kopfüber in einen Fluss zu fallen oder auf der Verfolgung einer Spur die Nase so tief auf den Boden zu senken, dass er die Vorderpfoten nicht mehr richtig hochheben kann, sich überschlägt, kurz schaut ob´s auch niemand gemerkt hat und dann getreu dem Motto "Hast Du´s nicht geseh´n, ist auch nichts passiert" im Schweinsgalopp derselben Spur weiter folgt.
Sein Alter bringt auch ein nicht zu unterschätzendes Maß an Individualismus (Starrsinn ist so ein häßliches Wort...) mit sich. Ihr müsst nicht denken, dass ich immer den Weg durch´s Dorf bestimme. Da werden Pfoten in den Asphalt gestemmt, solange bis die (von ihm!) gewünschte Richtung eingeschlagen wird - oder wir uns gütlich geeinigt haben. Was nichts anderes heisst als dass er am Ende irgendetwas futtert.
Sein gefestigter Charakter führt auch dazu, dass ich mich richtig mit ihm streiten kann. Eigentlich ein recht schüchternes Kerlchen, mag er es nicht sonderlich, wenn man ihn anschreit. Ich daher auch nicht. Aber es gibt diese Momente, zum Beispiel das Anziehen einer Socke aus medizinischen Gründen. Was nicht weh tut. Aber er will es nicht und knurrt dann aus lauter Bockigkeit. Oh - bitte nicht falsch verstehen: ich bin sogar sehr froh, dass er knurrt. Auf die Art warnt er mich, was ich sehr nett finde, denn Stufe zwei hat mit den von mir bereits erwähnten dreieinhalb Zähnen zu tun. Also lasse ich von ihm ab, nicht jedoch ohne meinerseits bockig und stinkesauer zu sein - weil er sich so anstellt. Also schreie ich. Und er? Guckt mich an. Kein Zucken, kein Ducken, kein Mucks. Er schreit also zurück.
Aber was ist das einzig Gute an einem Streit? Die Versöhnung. Und eine der vielen wundervollen Eigenschaften von Hunden ist die, dass sie nicht nachtragend sind. Jedenfalls nicht sehr. So stehen wir also keine zehn Minuten später irgendwo, knuddeln und gehen unsere Wege.

Samstag, 28. Oktober 2006

Ich zahle selbstverständlich.

In letzter Zeit scheinen sich immer mehr junge Herren in meinem Alter auf ihre guten Manieren zu besinnen und pflegen diese ein wenig altmodisch anmutenden, aber durchaus sehr zuvorkommenden Sitten des Tür Aufhaltens, in den Mantel Helfens oder eben des auch für die Dame Bezahlens. Lobenswert.

Allerdings ist im Falle des "Ich zahle selbstverständlich" ein wenig Kritik zu üben. Sei es durch die mangelnde Übung, sei es durch die emanzipierte Ausstrahlung der jungen Dame ihm gegenüber, der durchschnittliche Herr wirkt in dieser Situation doch recht angespannt. Was er sogleich mit einer betonten Lässigkeit zu kaschieren sucht, dabei bisweilen hart an die Grenze zur Überheblichkeit stößt und zudem kläglich scheitert. Sowohl in seinem Verschleierungsversuch als auch in dem Bemühen, durch gutes Benehmen das Wohlwollen der Angebetenden zu gewinnen.

Geschätzte Herren, das Wesentliche ist eben die Selbstverständlichkeit. Und die muss so selbstverständlich sein, dass sich auch die (emanzipierte) Dame von heute dieser nicht entziehen kann. Das ganze Manöver entfaltet seine Wirkung nur, wenn ihr die Angelegenheit völlig nebenbei so en passant regelt. Zum Beispiel, indem man die ohne Zweifel für beide Seiten wichtige Information der alleinigen Zahlungsabsicht ganz bescheiden in einem Nebensatz erwähnt. Optimalerweise auch nicht an die Dame selbst gewandt, sondern der Person mitteilend, die den Kern des ganzen Problems ihrem Portemonnaie zuführen wird.

Ich gebe zu, das ist nicht ganz leicht. Ich kann euch nur einen Rat geben: wenn ihr nicht sicher seid, dass ihr es könnt, dann lasst es einfach. Denn es ist immer noch besser, die Dame zahlen zu lassen und beim nächsten Date mit einer Blume aufzuwarten, als diesen Eindruck der Nicht-Souveränität zu hinterlassen und bestenfalls einen "Na ja, er hat´s immerhin versucht"-Mitleidspunkt zu kassieren.
Aber es ist auch nicht unmöglich. Habe ich unlängst am eigenen Leib erfahren dürfen. Und das, obwohl ich noch nicht einmal eingeladen werden wollte und mir am Tag vorher in einem Anfall von emanzipierter Eigenständigkeit feierlich geschworen hatte, dies auch zu verhindern. Ich weiss selbst nicht genau, wie es trotzdem passieren konnte, allerdings hatte es wohl auch etwas damit zu tun, dass es der erste Kaffee am Morgen war, den er dann für mich zahlte. Selbstverständlich.

Dienstag, 24. Oktober 2006

Da raus? Ich?

Hat sich wohl heute jeder halbwegs normale Mensch bei einem Blick aus dem Fenster gefragt. Und sich schnell mit der Gewissheit beruhigt, dass es nur eine rein rhetorische Frage war. Da raus? Ich? Niemals. Zum Glück nicht. Einkaufen kann ich auch morgen.

Ich gebe zu, auch ich war nicht gerade mit einem Übermaß an Vorfreude erfüllt bei dem Gedanken an die tägliche Abendrunde. Da raus. Ich. Nun ja.

Aber wie das manchmal oft so ist: wenn man nichts erwartet, dann bekommt man etwas Besonderes. In diesem Fall handelte es sich um den ersten richtigen Herbstspaziergang dieses Jahres. Aufgrund der milden Temperaturen fror ich nicht, der Wind blies mir mit voller Kraft in Gesicht und Hirn, zerrte an Jacke, Haaren und später auch Kapuze, so dass ein kleines Windgeheul neben meinem rechten Ohr entstand, die Bäume bogen sich und ließen ihre Blätter rauschen. Wunderbar.

Der Dicke war zu meinem Bedauern nicht wirklich enthusiastisch ob der mich so begeisternden Wetterlage. Aber er ist mir zuliebe die ganze Runde mitgelaufen. Braver Hund.

Mittwoch, 18. Oktober 2006

Zweidimensionale Persönlichkeiten - Rot

Meine Damen, meine Herren, es ist uns eine ganz besondere Ehre, Ihnen nun unser Herz Pärchen präsentieren zu können, denn sie sind schließlich die unumstrittenen Stars jedes Kartenspiels.

Er ist der Jonathan H(e)art der zweiten Dimension, ein Self-Made-King. Seine einfache Herkunft nicht vergessend regiert er mit Herz und Verstand als primus inter pares. Was wiederum dazu führt, dass seine Untertanen ihn unwiderruflich in ihr Herz geschlossen haben, auch wenn er bereits zahlreichen unschuldigen Mädchen das selbige gebrochen hat. Allein durch sein herzliches Lachen bringt er sie dazu, in herzzerreissenden Liebeskummer zu verfallen, aus dem sie nur schwerlich wieder gerettet werden können. Denn sie alle wissen ja, dass es auf immer und ewig nur eine geben wird, der sein Herz gehört.

Der Herzdame wiederum ergeht es ganz genauso. Die Männer liegen ihr zu Füßen, denn sie ist einfach eine atemberaubende Schönheit und verfügt über eine so einzigartige Herzenswärme, dass selbst die anderen Damen nicht umhin kommen, sie zu mögen. Sie ist die Salonlöwin, betritt sie einen Raum, richten sich alle Blicke auf sie, Gespräche verstummen, Herzen schlagen schneller und stehen plötzlich still, wenn man einer der Auserwählten ist, denen sie ein Lächeln schenkt. Ferner ist sie bekannt für ihr gütiges Herz und ihre umfassende Kompetenz in Herzensangelegenheiten, so dass viele ihren Rat suchen. Für die meisten von uns, durch irgendeinen unbekannten Umstand gezwungen, auf eine Dimension zu verzichten und ihr Leben von nun an in einem Kartenspiel zu fristen, wäre dies die Spielkarte der Wahl. Hm?

Bliebe noch ein Pärchen übrig. Hier habe ich zugegeben einige Schwierigkeiten. Die Karo-Dame gibt mir nämlich Rätsel auf. Und wenn es mir nicht gelingt, sie einzuschätzen, so fehlt mir jegliche Grundlage für die Charakterisierung des Königs. Lassen wir ihn also notgedrungen aus dem Spiel.
Ich bin hin und her gerissen: vergleicht man die Dame mit ihrer direkten Gegenspielerin, so zieht sie in jeder Beziehung den Kürzeren. Aussehen, gesellschaftlicher Status, Beliebtheitsgrad. Was passiert mit dieser Frau? Verbittert sie angesichts der Aussichtlosigkeit, durch die die Konkurrenz mit diesem Überwesen namens Herzdame so eindeutig gekennzeichnet ist? Wird sie sich grämen, boshafte Intrigen ersinnen und schließlich vom Neid völlig zerfressen werden?
Oder kann sie etwa aus dem so lang und dunkel erscheinenden Schatten des ständigen Nichtbestehens treten?
Beweist sie wahre Größe und stellt sich in ihrer Andersartigkeit nicht gegen, sondern neben die Herzdame und erzeugt so eine Unvergleichbarkeit, die jedem Konkurrenzdenken den Garaus macht?
Ist dies überhaupt möglich? Kann irgendeine Dame, sei es in der zweiten oder dritten Dimension, denn dieser übermenschlichen Herausforderung begegnen und schlussendlich vor ihr bestehen?

Ich weiss es nicht. Die Aufgabe scheint zu schwer. Und dennoch, wie so oft gibt es auch hier einen Funken Hoffnung. Wahre Schönheit kommt eben von innen. Wo immer das in der zweiten Dimension dann sein mag.

Sonntag, 15. Oktober 2006

Zweidimensionale Persönlichkeiten - Schwarz

Man kennt das doch: da unterhält man sich mit jemandem und plötzlich fällt ein Wort, das dann in einem ganz bestimmte Assoziationen und Bilder weckt. So geschehen bei mir irgendwann neulich.

Plötzlich sah ich mich, als damals noch kleine Dame, bei meinen Großeltern am Esstisch sitzen, mit einem Kartenspiel in der Hand und darauf wartend, dass Oma mit dem Abwasch fertig wird, damit sie mit ihrer dem schweren Schicksal eines Einzelkindes ausgelieferten Enkelin denn endlich Maumau spielen möge.

Phantasiebegabt, wie ich nun einmal bin, nutzte ich die Zeit und sah mir die Karten näher an. Da waren ja Leute. Genauer gesagt 4 Könige, 4 Damen und 4 Buben. Wie die wohl so im wahren Leben wären? (Dies ist die Stelle, an der man nun ein Kartenspiel hervorkramen und meine Aussagen einer kritischen - aber hoffentlich wohlwollenden - Betrachtung unterziehen kann.)

Es war mir bereits in meinem zarten Alter klar, dass hier nicht einfach jeder mit jedem und Querbeet. Schließlich brachten die Farben eine gewisse Ordnung und diese war in den zweidimensionalen zwischenmenschlichen Beziehungen bitte schön einzuhalten. So gibt es in jeder Farbe also ein Dreiergespann. Zwei Männer, eine Frau. Was man davon halten könnte, war mir in dem erwähnten zarten Alter allerdings ganz eindeutig nicht klar. Darauf möchte ich jedoch erstmal nicht näher eingehen und werde meine Ausführungen auf König und Dame beschränken.

Hier wäre also unser Kreuz-Pärchen. Für meinen Geschmack etwas zu konservativ angehaucht, ist Sie eher so die Königin Mutter, die mit strenger Hand ihr Königreich im immer jeweils vorigen Jahrhundert festhält. Er hat, kurz gesagt, wenig zu melden. Sein Zweck besteht darin, den Hintergrund für Sie zu bilden, mit der Nicht-Präsenz eines Bankers. Allerdings, und das wollen wir ihm zu Gute halten, auch mit dessen Integrität. Und manchmal, wirklich nur ganz selten, wenn Sie auch ganz sicher auf einer anderen Hand steckt und ihn nicht sehen kann, dann erwacht in ihm der Geist der Rebellion und er setzt seine Krone mal schief auf. Rock´n´Roll.

Pik König und Dame dagegen sind die Models unter den Spielkarten. Edle Gesichtszüge, Anmut, Grazie - und die Kälte von blauem Blut. Sie hat verblüffende Ähnlichkeit mit der bösen Königin aus Schneewittchen - was man ihr jedoch tunlichst nicht sagen sollte, denn sonst könnte es sein, dass man in nicht allzu ferner Zukunft einen Apfel in den Mund gestopft bekommt. Nicht von ihr, wo denkt ihr hin?! Das muss eine der anderen drei gewesen sein...

...von denen wir zwei noch kennenzulernen haben.

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die Äußerung bitte meinem intellektuellen Unvermögen...
Fabrice Pi (Gast) - 26. Nov, 01:04
Pfui??
In meiner Vorstellung gibt es ja viele Ausdrücke, die...
Die junge Dame - 17. Dez, 10:14
Hört hört!
Ja pfui! Wer macht denn sowas? Hoffentlich hört man...
Fabrice Pi (Gast) - 16. Dez, 19:33
Das Ende.
Der Abschied ist genauso schwer, nein, noch schwerer...
Die junge Dame - 16. Dez, 10:01
Ich gebe mir Mühe. Für...
Ich gebe mir Mühe. Für alle, denen nicht so ganz klar...
Die junge Dame - 5. Dez, 19:56
Was war denn nochmal...
Adventszeit. Zeit der Ruhe, des zur Ruhe Kommens, des...
Die junge Dame - 5. Dez, 19:47

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