Sonntag, 8. Oktober 2006

Der Mann, die Aussicht und das kalte Wasser

Alle, die nach dem letzten Beitrag nun eine wunderschöne romantische Geschichte über zwei Menschen erwarten, die sich zu einem Blind Date vor einem mysteriösen Tor verabredeten, sich auf Anhieb mehr als sympathisch waren, einen wundervollen Abend in trauter Zweisamkeit verbrachten, als wären sie nie ohne einander gewesen und sich nun so bald wie möglich wiedersehen wollen, muss ich leider enttäuschen.

Es war natürlich ganz anders, wie folgende Schilderung der Ereignisse dieses Abends nun zeigen wird:
Ich fuhr zu unserem Treffpunkt, einem Gebäude der UN, in einem Stadtviertel mit sehr internationalem Flair. Schon reichlich inspiriert ob dieser Atmosphäre sah ich mich plötzlich dem von ihm erwähnten Tor gegenüber und auch einer Handvoll Leute, die da so standen. Und irgendwie konnte man sehr viele Jacken als blau definieren. Hm. Ich habe mir dann einfach jemanden ausgesucht und habe freundlich gefragt, ob er denn meine Verabredung sei. Er war es nicht. Aber der Herr mit dem er bis zu meiner Ankunft eine Unterhaltung geführt hatte, der war´s dann. Glück gehabt.

Wir drei sind dann zusammen in den 21. Stock des Gebäudes gefahren, betraten einen Konferenzraum und schauten erstmal eine Weile ergriffen durch das Fenster. Der Ausblick war nämlich einmalig. Ich liebe den Rhein sowieso schon und dort unten floss er und zeigte sich von seiner schönsten Seite. Herrlich.

Es dürfte inzwischen ja wirklich jedem klar geworden sein, dass es nicht romantische Absichten waren, die mich an diesen Ort führten . Warum war ich also dort?
Ich nahm als Gast an einem Treffen einiger Leute teil, die ihre rhetorischen Fähigkeiten verbessern wollen. Im Sinne von "sich vor eine Menschenmenge stellen und souverän d´rauf los quatschen ohne schwitzige Hände und peinliche Stotterer". Auf Englisch. Und das wollte ich mir denn dann doch mal ansehen, denn auf diesen Gebieten habe ich peinlicherweise einige Defizite. Wäre ja mal sinnvoll, auch ohne einen Puls von 200 mehr als fünf zusammenhängende Sätze herauszubringen. Auch vor mehr als fünf Menschen. Wenn´s dann auch noch vor Kollegen klappt - hey, das wäre der Karriere garantiert nicht hinderlich.

Ich war also dort, fand einen Platz, das Treffen begann und ich wollte es mir gerade in meinem Gast-Status (zurücklehnen und zugucken) so richtig bequem machen, da beschlich mich eine Ahnung. Ein ungutes Gefühl. Ich musste auch gar nicht lange warten, um den Grund für dieses Gefühl herauszufinden, denn ehe ich mich versah, wurde ich als Freiwillige benannt und stand ein paar Momente später vor all diesen fremden Leuten und durfte eine Minute (gerne auch mehr) über ein Thema reden, das mir unmittelbar vor der Rede mitgeteilt worden war und mir somit als Vorbereitung lediglich die Zeit blieb, die ich von meinem Stuhl zum Podium brauchte.

So etwas nennt man Stehgreifrede. Ich stand also da und griff verzweifelt auf meine Englischkenntnisse zurück, die im Schriftlichen durchaus zufriedenstellend, im Mündlichen jedoch weit weniger ausgeprägt sind. Die Minute war lang, die längste seit langem.
Nachher wurde mir gesagt, dass ich flüssig geredet hätte. In meiner Erinnerung stellt sich das etwas anders dar. Aber die Leute verstehen schließlich mehr davon als ich. Ich bin durchaus geneigt, ihrem Urteil zu vertrauen.

Donnerstag, 5. Oktober 2006

Die Dame hat ein Blind Date

Hattet ihr schon einmal ein Blind Date? Ich auch nicht. Was würdet ihr also denken, wenn euch jemand folgendes geschrieben hätte:

I will wait for you down at the entrance gate around 18.05. I'll be wearing a blue jacket and am about 1.85 meters tall with brown hair.

Klingt gut, nicht? Würdet ihr hingehen?

Ich schon. Soviel sei gesagt: Es war ein sehr interessanter und lustiger Abend mit schönen Aussichten und einem Sprung ins kalte Wasser.

Alles Weitere folgt. Denn mir fehlt heute die Zeit. Und ich liebe kryptische Andeutungen. Verzeiht mir.

Montag, 2. Oktober 2006

Die anderen da draussen

Die anderen da draussen sind heute mal die Hundebesitzer.

Dem gemeinen Menschen unter diesem Oberbegriff bekannt, hat jener doch schlicht keine Ahnung von der reichen Artenvielfalt dieser Spezies. So fühle ich mich denn bemüßigt, wenigstens einen kleinen Einblick in die für den größten Teil der Bevölkerung so fremde Welt zu gewähren.

Hundebesitzer nach Wetterlage
Hier seien die Unterarten Allwetter- und Schönwetter-Hundebesitzer zu benennen. Der Schönwetter-HB ist nur zu sichten, der geneigte Leser ahnt es bereits, wenn denn die Sonne scheint. Die Frage, was bzw. wo sein Hund denn bei Regen macht bleibt wohl für immer ungeklärt. Ganz anders der Allwetter-HB. Er ist immer, wirklich immer auf seiner Runde zu finden, getreu dem Motto "Heute kann es regnen, stürmen oder schnei´n"- auch wenn der Hund von Hagelkörnern gepeinigt wird oder vom Winde verweht an der Leine hängt - was bei kleineren Exemplaren durchaus mit Verlust der Bodenhaftung einhergehen kann.

Hundebesitzer nach Rasse
Der des Hundes versteht sich. Prestige und Geld lassen sich auch mit Hilfe von vier Pfoten ausdrücken: mein Haus, mein Auto, meine Frau Yacht, mein Hund. Dessen Stammbaum dann bis zum Gottvater aller Hunde, nämlich dem von Adam und Eva zurück verfolgt werden kann.
Auf der anderen Seite hätten wir die Individualisten, deren tierische Begleiter samt und sonders entweder durch diverse optische Anomalien auffallen oder durch die schiere Unmöglichkeit einer näheren Rassebestimmung. Genau genommen auch einer weiteren.
Als letzte Art in dieser Kategorie seien die "Familien" erwähnt, deren Hunde eigentlich gar keine Hunde, sondern eben Familienkutschen sind. Selbst der gänzlich Unwissende wird den Pedigree Pal Hund kennen. Auch bekannt als Golden Retriever.

Hundebesitzer nach Erziehungsstil
Der deutlichste Indikator für den vom HB präferierten Erziehungsstil ist die Art und Weise, wie man seinen Hund dazu bringt, zu sich zu kommen.

Es stehen sich folgende Extreme gegenüber: Zum einen hätten wir da den Brüller, der nach einmaligem scharf gesprochenen Kommando sofortigen Gehorsam erwartet. Egal, wo der Hund ist, ob 50 andere auf ihm liegen, er unter höchster Anstrengung einen reißenden Fluss durchqueren muss oder gerade sein Lieblingsgericht vor die Nase gesetzt bekam. Falls der Hund es wagen sollte, trotz aller Widrigkeiten nicht innerhalb eines fest definierten Zeitintervalls (Einheit: Sekunden) zu Herrchen oder Frauchen zu kommen, so läuft dieses puterrot an und sammelt alle ihm zur Verfügung stehende Energie für die nun bevorstehende (männlich:) Brüll - /(weiblich:) Kreischtirade. Die übrigens nicht vorbei ist, wenn der Hund dann auf dem Bauch robbend vor Ohrenschmerzen zurückkehrt.

Die andere Variante: Der liberale Hundebesitzer schmeisst mit sofortiger Wirkung Stolz und Schamgefühl über Bord, läuft juchzend und hüpfend auf der Wiese herum und ruft mit sich vor Freude überschlagender Stimme nach seinem besten Freund. Die Botschaft: egal, was Du da gerade Interessantes unter der Nase hast, ich bin auf alle Fälle besser. Um es deutlich zu sagen: man macht sich halt komplett zum Affen. Der zweite Akt der tierischen Komödie wird dann aufgeführt, wenn der Vierbeiner wieder vor einem steht: Das sind die Sechs Richtigen inklusive dem Jahrhundert-Jackpott - und so nehmen Hüpfen und Jauchzen noch kein Ende, für mindestens zwei weitere peinliche Minuten. Danach hat man alles, aber auch wirklich alles, was in der normalen Welt zählt, verloren: Würde, Anstand, Verstand. Aber der Hund ist zurück gekommen. Andere Welten, andere Werte.

Donnerstag, 28. September 2006

Unter Diven

Da hat man sich schon einen Beruf ausgesucht, in dem die Frauenquote doch noch relativ niedrig ist und dann das! Ich treffe auf eine bemerkenswerte Anzahl von Diven in meinem Kollegenkreis. Der Punkt ist: sie sind männlich.

Mädels, das was nun kommt könnt ihr getrost überspringen, ich erzähle euch nichts Neues. Bei den Herren der Schöpfung bin ich mir da nicht so sicher, daher folgt nun der Versuch einer Begriffsklärung.

Diva, die: ...jmd., der durch besondere Empfindlichkeit, durch eine gewisse Ekzentrik o.ä. auffällt

Dies sagt ein Fremdwörterbuch. Und was steht da nicht? Richtig, eine Einschränkung auf das weibliche Geschlecht. Soviel dazu.

Mädels, ab hier bitte wieder lesen.
Diese Woche wurde ich Zeuge einer Szene, deren Hauptdarsteller(innen) zwei meiner Kollegen waren, die ich mangels anderer Einfälle nun einfach Whitney und Mariah taufe.
Whitney und Mariah sind füreinander nicht nur Kollegen, sie sind, so mein Eindruck, doch auch durchaus privat miteinander verbunden, auf rein platonischer Ebene. Vor einiger Zeit hatten wir ein Firmenwochenende, auf dem es mir vergönnt war, die beiden näher kennen zu lernen. Auffällig war allerdings, dass man sie nur im Doppelpack antraf. Das gesamte Wochenende. Na ja, vielleicht nicht das gesamte. Aber wenn man einen von den beiden einzeln sah, dann mit einem besorgten Gesichtsausdruck und eindeutig suchend. Ich vermute, dass die beiden auch im Pärchen auf die Toilette gehen, aber dies ist bestenfalls ein unbestätigtes Gerücht.

Jedenfalls kam Mariah dieser Tage in unser Zimmer und sprach mit einem anderen Kollegen. Nach ein paar Minuten betrat Whitney den Raum. Noch nicht ganz durch die Tür, erfüllte seine Aura bereits das Zimmer. Alles erstarrte, denn wir merkten sofort: die Diva ist verstimmt. Irgendetwas hatte ihren Unmut erregt - auf das Äußerste. Er ging mit raumgreifenden Schritten direkt auf Mariah zu, der mit einem wohlwissenden Augenaufschlag der Dinge harrte, die da nun mit aller Sicherheit kommen mochten. Man kennt sich ja schließlich. Whitney stellte eine Frage, der Inhalt ist mir entfallen, entscheidend ist an dieser Stelle ausschließlich der Ton. Dieser war vorsichtig ausgedrückt kalt, scharf, übellaunig und missmutig. Mariah, um Fassung bemüht, antwortete, was Whitney mit regungslosem Gesichtsausdruck zur Kenntnis nahm. Worauf er von dannen schritt. Und Mariah auf seinem Bürostuhl zurück ließ, ohne ein Wort des Dankes, ohne den geringsten Hinweis darauf, ob die Antwort denn Whitneys zweifellos anspruchsvollen Erwartungen genügte. Und, was Mariah mitten ins Herz traf: mit der ungeklärten Frage, warum ausgerechnet ihm diese so ungerechte Behandlung widerfahren war. Nun, Mariah war ziemlich schnell in der Lage, seinem Schmerz Ausdruck zu verleihen und rief sodann hinter der schwindenden Gestalt her: "Haben wir das auch in gut gelaunt?" Und Mädels - was da in dieser Frage an Zickigkeit, Entrüstung und gekränktem Stolz in die Atmosphäre entlassen wurde, da können wir uns alle - ja, alle! - noch eine dicke Scheibe von abschneiden. Überflüssig zu erwähnen, dass die Antwort auf diese Frage ausblieb. Ich meine allerdings, ein kleines Schnauben vernommen zu haben.

Montag, 25. September 2006

Ganz allein da draussen?

Natürlich nicht. Wie es sich für eine junge Dame gehört, habe ich auf meinen Spaziergängen einen Begleiter, der auf mich Acht gibt. Und kann sich jemand vorstellen, wer besser zu einer jungen Dame passte als ein alter Herr?

Es handelt sich hierbei keinesfalls um einen silberhaarigen, alten Menschenmann mit Spazierstöckchen, vielleicht sogar schon etwas angetattert, nein, die Rede ist von einem stolzen, gut gebauten und eigenwilligen (oh ja....) Hund. Und um seinen Willen denn auch durchzusetzen, stehen ihm ganze 40 kg und dreieinhalb imposante Reisszähne zur Verfügung. Zugegeben, der halbe ist nicht mehr ganz so imposant - aber das bleibt unser Geheimnis. Um das Bild wieder gerade zu rücken von der gefährlichen Bestie, die alle gerne in ihm sehen wollen, erwidere ich auf Nachfrage nach dem Verbleib des guten Stücks freudestrahlend: "Der steckt noch in ´nem Bein."

Ein weiteres Geheimnis wird sein Name bleiben. Ich habe ihn selbstverständlich vor diesem Beitrag um Erlaubnis gefragt und da hat er mir zu verstehen gegeben, dass es ihm nicht so lieb wäre, wenn all die Spazierbekanntschaften, die er so hat, intime Details aus seinem Leben kennen und diese womöglich sogar noch quer über die Wiese wuffen. Daher bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als ihn mit den nahezu 1000 Kosenamen zu bezeichnen, die ich im Laufe unseres 18-monatigen gemeinsamen Spazierengehens so für ihn erfunden habe.

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