Samstag, 25. August 2007

Schmerz, lass' nach!

Der geneigte Leser wird sich noch erinnern: ich habe das Klettern angefangen.
Der kletterunerfahrene Leser ist sich über das Ausmaß dieser Aussage nicht ganz im Klaren - und ist hoffentlich geneigt, sich von mir aufklären zu lassen.
Der klettererfahrene Leser wird geneigt sein, sich derweil einen zu grinsen.

Meine Woche gliedert sich seit Trainingsbeginn in drei Teile:

1. Das Training:
Man geht über sich hinaus, lernt eine Menge dazu, vergißt im Eifer des Gefechtes alle physikalischen Gesetze von Muskelkraft und Ausdauer.

2. Der Morgen nach dem Training:
Man wacht auf - und ist über Nacht 50 Jahre gealtert. In den Beinen hat man den üblichen Muskelkater. Das allein ist noch kein Grund, weinerlich zu werden. Man ist eben nicht mehr in Form. Aber es kommt natürlich noch besser: Der Rücken schmerzt, die Arme sind so geschwächt, dass man nur mit Pausen die Haare trocken fönen kann - wohlgemerkt bei einer Kurzhaarfrisur! - und in den Fingern hat sich ein der Arthrose wohl nicht unähnlicher Schmerz ausgebreitet, den man bei jeder Bewegung zu spüren bekommt - insbesondere beim Tippen. Wohl dem, der an einem Computerarbeitsplatz sein täglich Brot verdient...

3. Die Erholungsphase:
Den Rest der Woche verbringt man damit, das gefühlte Alter wieder dem tatsächlichen anzupassen. Im Falle der Finger kann das schon einmal bis zu vier Tage dauern.

In diesem Zustand befand ich mich ungefähr einen Monat lang, dann stellte sich eine signifikante Schmerzreduktion ein, zum Einen durch Aufbau von etwas, was Muskeln nicht gänzlich unähnlich ist, zum Anderen durch die Umsetzung des Gelernten und der damit verbundenen Kraftschonung. Endlich konnte ich nun neben dem Training ein weiteres Mal in der Woche klettern, ohne Gefahr zu laufen, am nächsten Tag die Rache meiner Sehnen erfahren zu müssen. Und siehe da - ich scheine weiter Fortschritte zu machen, denn mittlerweile überlege ich ernsthaft, woher ich die Zeit für einen wöchentlichen dritten Besuch hernehmen könnte.

Denn irgendwann hat sich sogar so ein zartes Wesen wie ich an die Blasen in den Handflächen und die Schmerzen in den Fingern, die Hautabschürfungen und blauen Knie gewöhnt. Nur eine Tatsache macht mir noch ein wenig zu schaffen: meine Kletterschuhe sind ganze 2 cm kleiner als meine normalen Schuhe. Für einen Zeh ist das eine ganze Welt! Und ein Zeh kann sehr grausam zum Rest des Körpers werden, wenn man ihm den Zugang zu dieser verwehrt.

Donnerstag, 9. August 2007

Für Tigo und den Keks

Ich befand mich in der Wüste. Um mich herum gab es nur ausgetrocknete Erde, Sand und verdorrte Sträucher. Der Wind wehte heiß in mein Gesicht, die Luft flimmerte vor meinen Augen.
Ich leckte mir über die Lippen, aber das half nur einen Augenblick. Dann fühlten sie sich wieder genauso rissig und wund an wie vorher. Meine Füße schmerzten von dem langen Weg, den ich zurück gelegt hatte. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Hügel ich hoch und wieder herunter gegangen war, noch wusste ich, wie viele vor mir liegen würden. Die Hitze des Sandes war sogar durch die Schuhe zu spüren und vermischte sich mit dem wunden Brennen jeden Auftretens.

Die anderen hatten schon gesagt, ich sei verrückt. Es sei doch hoffnungslos. Ich sei hoffnungslos. Und unzählige Male - wohl auf jedem Hügel, wenn ich ihn mühsam erklommen hatte und nichts als weitere Hügel am Horizont sah - hatte ich mich gefragt, ob sie vielleicht Recht hatten. Ob es das wert war. All die Kraft. Weiter zu gehen. Weiter zu glauben. Weiter zu hoffen. Und mit jedem Blick in die Ferne ein weiteres Mal enttäuscht zu werden.
Aber ich musste weitergehen. Nicht wegen ihnen. Nicht, um etwas zu beweisen. Es war einfach so.

Ich hatte mich gerade einen weiteren Hügel hinauf gequält und versucht, die Hoffnung diesmal gar nicht erst aufkeimen zu lassen - aber natürlich war es mir wieder nicht ganz gelungen, auch wenn das Licht von mal zu mal kleiner wurde. Als ich den letzten Schritt auf die Kuppe machte, versuchte ich mich gegen die Enttäuschung zu wappnen, die mich sofort erfassen würde, wenn ich meinen Blick heben und das weite Land sehen würde. Diese Enttäuschung, die alles in mir zusammenkrampfen, mich innerlich erkalten, die alles andere farblos werden ließ. Ich hob den Blick - und sie kam mit voller Wucht.

Ich taumelte und brauchte einige Zeit, bis ich wieder stehen konnte. Ich drehte den Kopf, um diesem trostlosen Anblick zu entkommen, um mich auf die nächsten Schritte zu konzentrieren...und da sah ich sie.

Hinter einem Vorsprung versteckt blühte eine Blume. Eine einzige. Allen Widrigkeiten, Wahrscheinlichkeiten und Realitäten zum Trotz stand sie da. In einer einzigartigen Schlichtheit, mit einer unverschämten Selbstverständlichkeit breitete sie ihre wunderbar dunkelgrünen Blätter aus. Jedes ihrer Blütenblätter glühte in einer anderen prachtvollen Farbe, so intensiv, dass meinen Augen Tränen zu Hilfe kommen mussten. Ich fasste sie an, obwohl ich furchtbare Angst hatte, sie zu verletzen - aber ich musste einfach wissen, ob ich mir alles nur einbildete. Doch sie war echt. Ich konnte den kühlen Samt zwischen meinen Fingern fühlen, ich sah ihren Blütenstaub auf meiner Haut.

Sie war da. Ich machte mich auf den Weg nach Hause.

Sonntag, 29. Juli 2007

Ich, das Klischee

Es war vor ein paar Tagen, irgendwann abends. Als mir plötzlich bewusst wurde, welches Bild ich abgab.

Ich saß auf meinem Sofa, eine junge Frau in Gammelklamotten. Von der Frisur, die ich meinen Haaren an diesem Morgen eindringlich nahegelegt hatte, war dank des feuchten Wetters nicht mehr viel übrig. Auf dem Tisch neben mir stand eine Flasche dieser In-Bio-Limonade, die endlich auch den Weg in mein Dorf gefunden hat, auf meinem Schoß ein fettes Glas Nutella, in meiner Hand der obligatorische Löffel. Der Fernseher gab eine Folge von Friends zum Besten, in der zwei der Protagonisten sich einen Heiratsantrag machen (zuerst versucht sie es, kann aber vor lauter Schluchzen nicht weiterreden, dann bemüht er sich redlich und ist schließlich erfolgreich). Und in mein Hirn schlich sich leise, aber hartnäckig die gemeine Frage: "Wirst Du das jemals, jemals erleben?" Worauf eine Welle des Selbstmitleids mich drohte zu überwältigen.

Aber nicht mit mir. Ich heiß' ja wohl nicht Bridget Jones, obwohl ich gelegentlich ihren Frühstücksgepflogenheiten fröne. Das war's dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Noch steht nämlich eine Zwei vor meinem Alter und kurze Röckchen mochte ich noch nie.

Allerdings kann man wohl in meinem Fall Limo und Nutella durchaus die Rolle von Alkoholsubstituten zusprechen. Mir wurde immerhin gesagt, ich sei ein signifikanter Teil von "Inkompatibel". Im zwischenmenschlichen Sinne. Diese Aussage muss ich erst einmal in ihrer ganzen Sachlichkeit verdauen, was mir Gefühlsdusel nicht gerade leicht fällt - aber Zucker hilft erfahrungsgemäß hervorragend dabei. Und dann kann ich auch wieder von Herzen bei oben beschriebener Szene mitschluchzen, in tiefem Glauben an Romantik und die wahre Liebe.

Sonntag, 15. Juli 2007

Mal was anderes

Ein bißchen Zeit ist ins Land gegangen, seit ich hier das letzte Mal gewesen bin. Und eine Menge Dinge sind passiert. Ein paar davon halte ich sogar für erzählenswert.

Ich habe wieder Haustiere. Es handelt sich um eine gute Handvoll Wasserschnecken, die nun in dem kleinen Zinkwannenteich auf meinem Balkon leben und sich seit ihrer Ankunft recht wohl zu fühlen scheinen.

Andere Tiere werden wohl vorerst nicht bei mir Einzug halten. Daher habe ich mich entschlossen, Gassigeher im Tierheim zu werden. Und heute drückte man mir ausgerechnet als Debüt einen Yorkshire-Terrier in die Hand. Ausgerechnet mir! Von 40 kg auf 400 g (naja, ich übertreibe wohl ein wenig), das ist schon ein Unterschied. Mal ganz abgesehen davon, dass ich signifikante Probleme hatte, dieses kleine Kerlchen als Hund zu begreifen.
Bei der zweiten Runde war's immerhin schon eine kniehohe, etwas moppelige Dame, die sich mit Vorliebe in undefinierbaren Überresten von irgendetwas gewälzt hat. Aber das habe ich ihr aus vollstem Herzen gegönnt. Sie hat sich immerhin so geschickt dabei angestellt, dass nachher nicht das Geringste zu sehen war.

Von diesen doch recht bodennahen Aktivitäten ging's gleich weiter zum Klettern. In einer eigens dafür vorgesehenen Halle. Seit wir ein paar Mal mit unserem Sportkurs in der Schule dort waren, wollte ich das immer mal wieder machen.
Meine besondere Herausforderung dabei liegt in der Tatsache, dass ich ein klein wenig Höhenangst habe. Was sich darin äußert, dass mir irgendein mehr oder weniger unterbewusster Teil meines Selbsts, kaum dass ich zwei Meter über dem Boden angelangt bin, mit einem Säuselstimmchen zuflüstert: "So....das reicht jetzt. Das ist hoch genug. Nun können wir wieder herunter." Die Stimme kommt auch auf der weiteren Strecke nach oben in regelmäßgen Abständen wieder und wird auch gerne von Phasen begleitet, in denen mein Puls die 200 sprengt - und das nicht vor Anstrengung. Es ist wirklich nicht leicht, diesen inneren Hindernissen zu widerstehen, insbesondere wenn der linke Arm gerade anfängt zu zittern und man beim besten Willen nicht weiß, wohin mit dem rechten Fuß.
Umso - und da bin ich jetzt mal unbescheiden - triumphaler das Erreichen des letzten Griffs. Auch wenn ich mir der Tatsache vollkommen bewusst bin, nichts weiter als ein blutiger Anfänger zu sein. Denn spätestens der ebenfalls triumphale Muskelkater am nächsten Tag holt einen ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen.

Sonntag, 1. Juli 2007

Salt Cake City

In der Küche meiner Eltern befindet sich unter anderem auch ein Gewürzschrank. Dort versammeln sich - wie der Name schon vermuten lässt - alle gängigen Gewürze (die in Dosen sind alphabetisch in der Tür geordnet, was bei aller Schrulligkeit durchaus Vorteile bringt) einschließlich diverser Zutaten für's Backen. Besonders zu erwähnen seien hier die Gefäße für Zucker und Salz, bei denen es sich um identische Plastikbehältnisse handelt, die vorne einen Griff und hinten eine Schütte besitzen. Am Zuckergefäß befindet sich zusätzlich noch ein Schild mit der Aufschrift Zucker. Am Salzgefäß ist nichts dergleichen zu finden. Salz ist eben da drin, wo nicht Zucker d'rauf steht.

Eines Tages saßen mein Vater und ich am Mittagstisch. Was das Hauptgericht war, habe ich längst vergessen. Nicht aber den Nachtisch, denn es war ein extrem lecker aussehender Obstsalat, den mein Vater vorbereitet hatte und auf den ich mich schon die ganze Zeit freute. Verständlich also, dass ich, kaum den Teller leer, zu eben jener Köstlichkeit griff und mir zu einer großzügigen Portion derselben verhalf. Ach, und wie deutlich konnte ich schon den Geschmack der verschiedenen Früchte auf der Zunge spüren, die Süße und Erfrischung, die sich gleich in meinem Mund ausbreiten würde und dazwischen diese leckeren kleinen Walnussstücke...

Statt dieses Hochgenusses ereilte mich ein wahrer Albtraum, der mich die Portion, die gerade eben erst den Weg in meinen Mund gefunden hatte, prompt zurück in die Schüssel befördern ließ: mein werter Herr Papa hatte den Obstsalat gesalzen!

Dies war der unheilvolle Beginn einer Reihe solcher Begebenheiten. Sein beliebtestes Opfer waren Erdbeeren. Das ging sogar soweit, dass meine Mutter ihm eine Saison lang - nach drei bitteren nachtischlosen Mahlzeiten - strengstens verbot, irgendetwas auf die Erdbeeren zu streuen, was sie nicht vorher abgesegnet hatte.

Die letzte Episode trug sich gerade gestern zu, als ich abends einkaufen gehen und einen Käsekuchen backen durfte, damit unseren Gästen heute mein Obstsalatschicksal erspart bliebe. Wenigstens hat mein Vater es höchstpersönlich und noch vor dem Backen gemerkt - als er die Schüssel auslecken wollte.

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