Sonntag, 10. Dezember 2006

Ihr Schokoprinten kommet

Ich habe die ganze Zeit still gehalten. Kein einziges Wort habe ich darüber verloren, dass der Einzelhandel schon im September das Sortiment für die Weihnachtszeit aufrüstete. Auch kein Wort darüber, dass ich am 24. Oktober bereits zum ersten Mal "Last Christmas" im Radio hören konnte, wenn ich denn gewollt hätte.
Gut, es gibt eben Menschen, die sind keine Fans von saisonal beschränkt angebotenen Artikeln und können bei 30° C locker den ersten Christstollen vertilgen.

Nun reicht es aber. Gestern war ich einkaufen. Am Vorabend des zweiten Advent. Mitten in der Vorweihnachtszeit im engeren Sinne.
Was erwartete ich? Irgendwo im Laden ein verlockendes Angebot an Weihnachstleckereien, von großem Variantenreichtum und bitte auch lieblich präsentiert. Es ist schließlich bald Weihnachten.
Was fand ich? Erstmal nichts. Nach längerem Suchen dann bunt verstreut im ganzen Laden einzelne Weihnachtsbastionen aus aufeinandergestapelten Kartons, in denen die etwas ekligen extravaganteren Süßigkeiten ruhten. Keine Spur von den großen Klassikern wie der Schokoprinte, Dominosteinen oder dem Lebkuchen ohne Oblate.
Irgendwo gut getarnt erblickte ich dann den Stand einer der etwas teureren, aber ohne Zweifel auch sehr guten Chocolatiérs. Hoffnung flammte in mir auf. Die jedoch mit jedem Schritt, mit dem ich mich meinem Ziel näherte, wieder Stück für Stück erstarb. Wer hatte dieser Oase in der Wüste der Billigschokoladen das angetan? Ein einziges Schlachtfeld bot sich meinen Augen dar. Große Lücken, Unordnung und was das Schlimmste war: die gemeinen Extravaganzen hatten eine Invasion gestartet und alles andere niedergerannt. Das Wenige, was sich die ganze Zeit über tapfer widersetzen konnte, fand dann Rettung in meinem Einkaufswagen.
Die Schokoprinten konnte ich allerdings nicht erlösen. Der Himmel weiss, wo sie abgeblieben sind und was ihnen dort zugestoßen ist.

Donnerstag, 7. Dezember 2006

(Fast) Ohne Worte

Heute war besonders.
Besonders normal fing der Tag an.
Besonders wenig Espresso fand ich nach vollendetem Brühvorgang in meiner Tasse.
Besonders schlimm wurde es dann, weil mir auf der Arbeit nach einer halben Stunde alles um die Ohren flog.
Besonders nett war der Anruf eines Kollegen, der, normalerweise von recht wechsellaunigem Gemüt, heute dafür sorgte, dass ich zumindest Licht am Horizont sah.
Besonders erfreulich war es, dass ich den Grund für den Flugverkehr um meine Ohren fand und beheben konnte.
Besonders überraschend, umwerfend und einfach lieb war das Geschenk, das mir aus heiterem Himmel in Form zweier Rosen überreicht wurde.
Besonders rot lief ich deswegen an und war ganz sprachlos.
Besonders verwirrt denke ich nun noch immer darüber nach, womit ich solch´ eine wundervolle Aufmerksamkeit verdient habe.
Und besonders bemerkenswert ist es, dass mir solche Dinge erst seitdem ich hier schreibe passieren.

Sonntag, 3. Dezember 2006

Der alte Herr und der Plüsch

Auch alte Hundeherren wollen gelegentlich noch spielen. Mein Dicker hat sich zu diesem Zweck als bevorzugtes Ämusiermaterial eben Plüsch ausgesucht - was er schon in der Minute, als er frisch aus dem Tierheim zum allerersten Mal meine Wohnung betrat, klar machte:
Es gibt doch diese wundervollen wurstförmigen Tiere, die man vor die Türe legt, damit es nicht durch den Spalt zieht. So eins lag bei mir herum in Form einer potthässlichen giftgrünen Schlange. Wie sie genau dahin gekommen ist würde nun zu weit führen.
Was soll ich sagen? Es war Liebe auf den ersten Blick: Häuptling Hängende Zunge war noch nicht ganz durch die Tür, da fiel sein Blick auf eben diese Schlange und sogleich verlieh er seiner innigen Zuneigung Ausdruck, indem er sich auf sie stürzte, seine Zähne in ihrer Körpermitte vergrub und das arme Ding heftigst schüttelte - wobei beide Enden immer wieder gegen seinen Kopf schlugen und ihm anscheinend so zu verstehen gaben, dass diese ruppigen Liebkosungen genau das waren, worauf eine Plüschwurst ihr ganzes Leben hofft und wartet.

Kurze Zeit später wurde dann ein riesiger Bär brutal von seinem Stuhl gezerrt und mit Wonne in seinen ebenso riesigen Plüschpopo gebissen. Das habe ich allerdings todesmutig unterbunden - der Bär war nämlich nicht annähernd so angetan von den Zähnen in seinem Füllmaterial wie die Schlange. Ungefähr ein halbes Jahr später erwählte der Dicke daraufhin ein kleineres Bärchen aus meinem ehemaligen Kinderzimmer, was ich ganz nett fand, da ich eine etwas gestörte Beziehung zu diesem Wesen hatte. An dieser Stelle vielleicht nur soviel: es hatte etwas mit einem Exfreund von mir zu tun. Aber dafür konnte das arme Kerlchen ja nichts. Trotzdem kam ich nicht umhin, eine wohlige Genugtuung zu verspüren, als der Hund das erste Mal herzhaft hinein biss.

Schlange und Bärchen leben übrigens immer noch. Das zeigt, wie ehrlich zugetan der alte Herr den beiden ist. Zugegeben: an manchen Stellen quillen die Innereien hervor (aber nur ein bisschen) und gelegentlich müssen die beiden eine Rupfsession über sich ergehen lassen, die aber nie lange dauert, weil Flusen im Maul nicht wirklich toll sind. Dafür werden sie nach jeder Spielattacke zärtlich abgeschleckt - als Wiedergutmachung.
Und falls der Eindruck entstanden sein sollte, dass meine Wohnung von Plüschtierarmeen bevölkert wird, so stimmt dies selbstverständlich nicht.

Donnerstag, 30. November 2006

Turbulenzen

Es gibt Zeiten, da geht´s rund da draussen. So richtig.
Jede Menge Neues: neben ständigen Herausforderungen im Job wie spontaner Projektwechsel inklusive komplett neuer fachlicher Thematik und Bürowechsel, Auswahl des richtigen Verbandmaterials für das Bein des alten Herrn und Zusammenstellung diverser Arzneien für den Hund über 10 lernte ich letztes Wochenende meine Kollegen auf einem Firmenevent (besser) kennen und bin äußerst überrascht. Es versammeln sich anscheinend sehr viele Ausnahmen in diesem Kreis...

Die Diven erwähnte ich ja bereits. Nun gesellt sich ein Typ hinzu, den man für eine Großschnauze mit dem Ego eines Flavio Briatore halten könnte. Die Sorte, die man mit 16 noch toll fand, aber dann irgendwann die Wahrheit erkannte. Und eben dieser lässt dann in einem Nebensatz fallen, dass er Albert Camus liest - also doch mehr dahinter, denke ich mir. Er hat mich dann letztlich mit seinen Ausführungen über die Problematik des nun alleinigen Wohnens in der ursprünglich mit Partner bezogenen Wohnung überzeugt.
Dann gibt´s da noch den recht frischgebackenen Familienvater, der von mir "mal wissen" will, welche männlichen Schauspieler ich denn "lecker" finde, weil seine Frau die Beantwortung dieser Frage aus Rücksicht auf sein Ego kategorisch ablehnt.
Des Weiteren zwei Herren, die ganz ungeniert darüber plaudern, dass sie doch durch den großen Spiegel im Hotelbadezimmer direkt gegenüber der Badewanne sehr stark versucht sind, auf das Zuziehen des Duschvorhangs zu verzichten und sich stattdessen in ihrer ganzen Pracht zu begutachten. Beim Posen unter´m Wasserstrahl.
Last but not least: ein netter junger Herr, der auf eine sehr schöne Art zu verstehen gegeben hat, dass ich ihm doch in der Masse aufgefallen bin. Eine kleine Begrüßung am Büffet, mit Nennung meines Namens und ein strahlendes Lächeln, später dann im Vorbeigehen noch einmal dieselbe Begrüßung lautlos mit den Lippen geformt - das war schon alles. Aber mir hat´s gefallen.
Also insgesamt sensible, aufmerksame, einfallsreiche, gebildete, nicht gerade schlecht aussehende, gut gekleidete und ungewohnt offene junge Männer. Da soll man als junge Dame nicht karusselig werden im Kopf...

Dienstag, 21. November 2006

Der Unterschied

André und Nico spielen online eins dieser gerade aktuellen Games, dessen Sinn in der Erfüllung einer militärischen Mission besteht, wobei zwangsläufig auch Menschen getötet werden müssen. Ihr kennt euch da bestimmt besser aus als ich.
Jedenfalls sind André und Nico Kriegskameraden. Seit Monaten schon kämpfen sie Seite an Seite in immer neuen Situationen, jeder hat dem anderen schon mehr als einmal das virtuelle Leben gerettet und beide sind stolz auf die Leistung, die sie als Team erreicht haben. Drei Beförderungen seitdem sie zusammen spielen - das macht ihnen so leicht keiner nach. Sie sind eben das perfekte Team: Nico ist der Stratege und übernimmt meistens die Planung des Vorgehens. Andrés Stärke ist seine Schnelligkeit im Umgang mit den Waffen (er hat eben mehr Zeit zu üben als Nico) - da kann ein Gegner urplötzlich aus dem Nichts auftauchen, er hat trotzdem keine Chance.

Nächsten Sonntag wird Nico am sonntäglichen Frühstückstisch die Zeitung aufschlagen und einen Bericht über einen jungen Mann lesen, der in einer Schule um sich geschossen hat. Der Bericht ist sehr detailliert, es ist von Waffen wie Rauchbomben, verschiedenen Pistolen und Sprengstoff die Rede, die er auf seinem Weg vom Eingang des Gebäudes bis hoch in den zweiten Stock der Schule eingesetzt hat. Nico bekommt Gänsehaut - so eine ähnliche Mission hat er gerade erst mit André erfolgreich abgeschlossen. Es handelte sich natürlich nicht um eine Schule, doch das Vorgehen des Amokläufers ist nahezu identisch mit der Strategie, die sie in dieser Mission verwendet haben. Am Abend will er André im Internet vor Beginn ihres Spiels von diesem merkwürdigen Zufall erzählen, doch André kommt nicht.

Warum?
Die Antwort liegt nicht in dem, was Nico und André teilten, sondern vielmehr darin, worin sie sich unterschieden.

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Woanders im November

Erst neulich

Schreiben Sie
die Äußerung bitte meinem intellektuellen Unvermögen...
Fabrice Pi (Gast) - 26. Nov, 01:04
Pfui??
In meiner Vorstellung gibt es ja viele Ausdrücke, die...
Die junge Dame - 17. Dez, 10:14
Hört hört!
Ja pfui! Wer macht denn sowas? Hoffentlich hört man...
Fabrice Pi (Gast) - 16. Dez, 19:33
Das Ende.
Der Abschied ist genauso schwer, nein, noch schwerer...
Die junge Dame - 16. Dez, 10:01
Ich gebe mir Mühe. Für...
Ich gebe mir Mühe. Für alle, denen nicht so ganz klar...
Die junge Dame - 5. Dez, 19:56
Was war denn nochmal...
Adventszeit. Zeit der Ruhe, des zur Ruhe Kommens, des...
Die junge Dame - 5. Dez, 19:47

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