Montag, 28. Juli 2008

Heldentaten

Verehrte Leser, ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, welche dramatischen Ereignisse sich am vorletzten Wochenende in der Nähe von Hockenheim zutrugen. Wie so viele andere Menschen war ich dort hingereist - wie so wenige andere Menschen wollte ich nicht das Rennen sehen.

Stattdessen machte ich Bekanntschaft mit einer Dame. Einer sehr kleinen, haarigen Dame. Einer Zwergdackel-Dame. Kaum höher als das Gras auf einer ein paar Wochen lang nicht mehr gemähten Wiese. Mit furchtbar kurzen Beinchen. Sie können sicher nachvollziehen, dass ein solcher Art gestaltetes Wesen doch eine, nun ja, recht begrenzte Perspektive auf seine Umwelt besitzt.

Diese bodennahe Perspektive hindert betreffende Dackeldame allerdings keineswegs daran, fröhlich und furchtlos durch die Welt zu stapfen. Bisweilen galoppiert sie sogar - dabei flattern dann die Ohren recht lustig. Des Weiteren besitzt sie auf ihrem kleinen Dackelköpfchen links und rechts zwei Haarbüschelchen, die man mit ein bisschen Fingerspitzengefühl und Willen zur Rebellion so stylen kann, dass sie wie zwei Hermesflügelchen aussehen.

Ich schweife ab. Und bitte verzeihen Sie mir die zahlreichen Verniedlichungen. Immerhin haben Sie nun hoffentlich ein Bild vor Augen...

Der Ort des Geschehens dieser von mir bereits erwähnten dramatischen Ereignisse war ein wundervoller Garten, das Gras dackelfreundlich gemäht, das Grundstück dackel- und auch für Hunde höheren Kalibers sicher eingezäunt, mit einem sehr schönen, großen Teich, dessen Uferzonen recht flach ausfielen, der aber auch einen Schwimmbereich von ca. 1,60 m Tiefe besaß. Für athletische Schwimmer gab es sogar einen Steg, von dem aus man sich kopfüber ins kalte Nass stürzen konnte. Für Hunde höheren Kalibers ebenfalls mit einer Stange versperrt. Denn die Hunde des Hauses waren eben ausschließlich Hunde höheren Kalibers.

Für Zwergdackel allerdings... Sie ahnen, was geschah.

Unsere furchtlose kleine Heldin spazierte frohen Mutes auf den Steg. Alle Umstehenden sahen darin noch keinen Grund zur Sorge.
Unsere furchtlose kleine Heldin spazierte aber weiter frohen Mutes Richtung Steg-Ende/Abgrund/Teichanfang. Alle Umstehenden sahen auch darin noch keinen Grund zur Sorge. Bis auf eine gewisse junge Dame, deren eigene Vergangenheit mit einem äußerst begabten, an Geschick kaum zu übertreffenden, dennoch ohne Zweifel ganz wunderbaren Hund Instinkte hatte ausbilden lassen, von denen sie selbst bis zu diesem Moment nichts geahnt hatte.

Besagte junge Dame sprang ob dieser sich nun plötzlich regenden Instinkte auf - warf dabei ihren Stuhl um - sprintete Richtung Steg - sprang mit einem höchst anmutigen Satz (man tut was man kann) über die Absperrstange - hechtete weiter über den Steg - und erreichte den Dackel in Not gerade noch vor dem Abgrund zum Wasser.
Fortan ereignete sich alles in Zeitlupe.
Die Dackeldame besah sich das Wasser. Die Dackeldame besah sich auch, wie hoch der Steg über dem Wasserspiegel lag.
Die junge Dame wiederum besah sich die Dackeldame und meinte zu erkennen, dass diese die Situation doch noch selbst erfasst hätte und von weiteren Aktionen absehen würde.
Doch da! Die Dackeldame schaute noch einmal hinunter - und sprang!
Ihrer Einschätzung nach war das Ganze wohl eine typisch-alltägliche hoher-Bordstein-Pfütze-Situation, der sie ja nun als gestandener Dackel allemal gewachsen war!

Wie groß aber war das Erstaunen und der Schreck auf dem kleinen Dackel-Gesicht, dass da Sekunden später vor der jungen Dame wieder aus den Fluten auftauchte.
Wie bitter die Erkenntis, dass es auf dieser Welt wohl Pfützen gab, von deren unsäglicher Tiefe sie bisher nichts geahnt hatte!

Die junge Dame ihrerseits zögerte keinen Moment. Unter Einsatz ihres Lebens Armes zog sie das kleine Wesen am Geschirr aus dem riesigen Teich und stellte es tropfnass, aber ansonsten unversehrt, wieder auf seine vier kurzen Beinchen. Bis auf eine fiese Erkältung hatte diese Episode glücklicherweise keine weiteren Folgen. Die junge Dame verzichtet an dieser Stelle auch ausdrücklich auf Baywatch-Badeanzug-Spenden.

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